Änderung im Hochschulfreiheitsgesetz: Wegen Corona längerer BAföG-Anspruch

Durch eine Änderung im Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz wird die Regelstudienzeit für Studierende coronabedingt um maximal vier Semester verlängert. Dadurch verlängert sich auch der BAföG-Anspruch um maximal vier weitere Semester.

Für alle im Sommersemester 2020 immatrikulierten und nicht beurlaubten Studierenden wird die Regelstudienzeit pauschal um bis zu drei Semester verlängert.

Für alle, die ihr Studium erst zum Wintersemester 2020/21 aufgenommen haben, verlängert sich die Regelstudienzeit pauschal um bis zu zwei Semester.

Und für diejenigen, die ihr Studium erst zum Wintersemester 2021/22 aufgenommen haben, verlängert sich die Regelstudienzeit pauschal um ein Semester. 

Am Samstag, den 19.Februar 2022 trat die Erste Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus zur Änderung der Sächsischen Regelstudienzeitverordnung vom 27. Januar 2022 mit Wirkung zum 01. Oktober 2021 in Kraft. In der Folge werden also das Sommersemester 2020, das Wintersemester 2020/21, das Sommersemester 2021 und das Wintersemester 2021/22 als „Nullsemester“ gewertet und von der Regelstudienzeit abgezogen.

Diese Änderung wirkt sich unmittelbar auf die Dauer der BAföG-Förderung aus. Studierende können hierdurch bis zu maximal vier Semestern länger Ausbildungsförderung erhalten. Auch der Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von vier Fachsemestern, der spätestens zum Beginn des fünften Fachsemesters vorgelegt werden musste, wird jetzt erst entsprechend später, unter Umständen also bis zu vier Semestern später, fällig. 

Gültig ist die Änderung für alle Studierenden, bei denen die ursprüngliche Regelstudienzeit im Wintersemester 2019/20 endete. Nicht erfasst werden hingegen Studierende, deren Regelstudienzeit im September 2019 bzw. früher endete. 

BAföG-Empfangende müssen nicht aktiv werden

Die Verlängerung der Regelstudienzeit wird vom Amt für Ausbildungsförderung im Rahmen der Bearbeitung der Weiterförderungsanträge automatisch berücksichtigt. Besondere Nachweise sind nicht erforderlich. Studierende, die bereits BAföG erhalten, brauchen also keine Begründungen oder Bescheinigungen der Hochschulen einreichen.

Bevor diese Änderung absehbar war hatten einige Studierenden bereits an ihrer Hochschule die Nichtanrechnung des Sommersemesters 2020 auf die Regelstudienzeit beantragt. Ob diese Beantragung nun durch die Studierenden rückgängig gemacht werden muss oder durch die Hochschule automatisch aufgehoben wird, müssen Studierende mit ihrer Hochschule direkt klären. Die Nichtanrechnung des Sommersemesters 2020 hat jedenfalls keine Auswirkungen auf das BAföG.

Zweite Chance nach BAföG-Ablehnung prüfen

Studierende, deren BAföG-Antrag zum Wintersemester 2021/22 abgelehnt wurde (z. B. weil Verzögerungsgründe nicht anerkannt werden konnten bzw. weil die Fachrichtung nach vier Fachsemestern gewechselt wurde) und die gegen die Ablehnungsentscheidung keinen Widerspruch eingelegt haben, sollten nun einen formlosen Antrag auf Überprüfung der Ablehnungsentscheidung beim BAföG-Amt stellen.

Studierende, die bisher davon ausgegangen waren, keinen Anspruch auf BAföG (mehr) zu haben und deshalb überhaupt keinen Antrag gestellt hatten, sollten schnellstmöglich einen Antrag auf Ausbildungsförderung einreichen. Die hierfür erforderlichen Formulare sind auf der BAföG-Webseite des Bundes zu finden.

Leistungsnachweise erst später fällig

Studierende, die bereits BAföG erhalten, müssen im Laufe ihres Studiums spätestens ab Beginn des 5. Fachsemesters eine Leistungsbescheinigung (Formblatt 5) der Hochschule vorlegen, um weiterhin BAföG zu erhalten. Hier gibt es künftig Änderungen bei den Fristen. Das Sommersemester 2020, das Wintersemester 2020/21, das Sommersemester 2021 und das Wintersemester 2021/22 werden vom Amt für Ausbildungsförderung unabhängig von der Einstufung durch die Hochschule bei der Zählung der förderungsrechtlichen Semester künftig als „Nullsemester“ gezählt, also nicht berücksichtigt. Hierdurch gilt:

  • Studierende, die im Sommersemester 2020 im zweiten Fachsemester waren, …

    … müssen einen positiven Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von vier Fachsemestern spätestens zum Beginn ihres neunten Fachsemesters (ursprünglich war es das fünfte Fachsemester) beim Amt für Ausbildungsförderung einreichen. Die Regelstudienzeit/Förderungshöchstdauer verlängert sich bei diesen Studierenden gem. § 114a Abs. 1 und Abs. 2 SächsHSFG um vier Semester.

  • Studierende, die Ihr Studium erst im Wintersemester 2020/21 aufgenommen haben, …

    … müssen einen positiven Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von vier Fachsemestern spätestens zum Beginn ihres achten Fachsemesters (ursprünglich war es das fünfte Fachsemester) einreichen. Die Regelstudienzeit/Förderungshöchstdauer verlängert sich für diese Gruppe gem. § 114a Abs. 2 SächsHSFG lediglich um zwei Semester.

  • Studierende, die Ihr Studium erst im Wintersemester 2021/22 aufgenommen haben, …

    … müssen einen positiven Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von vier Fachsemestern spätestens zum Beginn ihres sechsten Fachsemesters (ursprünglich war es das fünfte Fachsemester) einreichen. Die Regelstudienzeit/Förderungshöchstdauer verlängert sich für diese Gruppe gem. § 114a Abs. 2 SächsHSFG lediglich um ein Semester.

Kontakt für Fragen

Die einzelnen Konstellationen und Problemstellungen von Studierenden sind vielfältig und verschieden.

Mögliche Konstellationen und Fallbeispiele

Kommt eine Verlängerung der Regelstudienzeit zum Tragen, ist zwischen Studierenden zu unterscheiden, die innerhalb ihres Studiengangs, für den sie Ausbildungsförderung beantragen, bereits im Sommersemester 2020 immatrikuliert waren (vgl. Fallbeispiel 1), solchen, die ihr Studium im Wintersemester 2020/2021 aufgenommen haben (vgl. Fallbeispiel 2) und denjenigen, die ihr Studium erst im Wintersemester 2021/2022 aufgenommen haben (vgl. Fallbeispiel 3).

Fallbeispiel 1: bereits im Sommersemester 2020 immatrikulierte Studierende

In diesem Fall wird die Regelstudienzeit um 3 Fachsemester verlängert. Hierzu folgende Beispiele:

  • a) Sommersemester 2020 war das 2. Fachsemester

    aa) für Bachelor-, Staatsexamen- und Diplomstudiengänge gilt: 
    Die Verpflichtung zur Vorlage des Leistungsnachweises gem. § 48 Abs. 1 BAföG verschiebt sich um vier Semester nach hinten. Der Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von 4 Fachsemestern muss spätestens zum Wintersemester 2023/24 (9. Fachsemester) vorgelegt werden. Eine bestehende Verzögerung der Ausbildung muss nicht begründet werden.

    Die Verlängerung der Regelstudienzeit wird von Amts wegen berücksichtigt. Es ist rechtzeitig ein Antrag auf Weiterförderung zu stellen.

    bb) Für Masterstudiengänge gilt: Ein Weiterförderungsantrag ist rechtzeitig im Amt für Ausbildungsförderung zu stellen. Die Verlängerung der Regelstudienzeit um vier Fachsemester wird von Amts wegen berücksichtigt. Ein Leistungsnachweis zum Beginn des 5. Fachsemesters muss nicht vorgelegt werden.

  • b) Sommersemester 2020 war das 4. Fachsemester im Bachelor-, Diplom- oder Staatsexamensstudiengang

    aa) Die Verpflichtung zur Vorlage des Leistungsnachweises gem. § 48 Abs. 1 BAföG verschiebt sich um 4 Semester nach hinten. Der Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von 4 Fachsemestern muss demzufolge spätestens zum Wintersemester 2022/23 (also zum Beginn des 9. Fachsemesters) vorgelegt werden.

    bb) Die Verlängerung der Regelstudienzeit wird im Rahmen der Bearbeitung der Weiterförderungsanträge von Amts wegen berücksichtigt. Ein zusätzlicher Antrag neben dem erforderlichen regulären Weiterförderungsantrag muss nicht gestellt werden.

    cc) Ich habe bereits einen positiven Leistungsnachweis vorgelegt (§ 48 Abs. 1 BAföG)

    In diesem Fall erfolgt eine Weiterförderung bis zum Ende der Förderungshöchstdauer (Weiterförderungsantrag nicht vergessen). Die Verlängerung der Regelstudienzeit um vier Semester wird im Rahmen eines Weiterförderungsantrags von Amts wegen berücksichtigt, sollte die Ausbildung nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können.

  • c) Sommersemester 2020 war das letzte Fachsemester der ursprünglichen Regelstudienzeit (also z.B. 4. Fachsemester im Master- oder 6. Fachsemester im Bachelorstudiengang)

    aa) Die Verlängerung der Regelstudienzeit wird im Rahmen der Bearbeitung der Weiterförderungsanträge von Amts wegen berücksichtigt. Ein zusätzlicher Antrag neben dem erforderlichen regulären Weiterförderungsantrag muss nicht gestellt werden.

    bb) Förderungsantrag ab Wintersemester 2021/22 wurde nur für 6 Monate (also nur bis März 2022) positiv beschieden.

    Da die Regelung zur Nichtberücksichtigung des Wintersemesters 2021/22 erst am 19.02.2022 in Kraft trat ist zu differenzieren:

    Erfolgte die Bekanntgabe des Bescheids über Ausbildungsförderung mit der Festsetzung des Bewilligungszeitraums von 6 Monaten vor dem 19.02.2022, ist die darin getroffene Festsetzung nicht zu beanstanden. Eine Verlängerung des festgesetzten Zeitraums kommt nicht in Betracht. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG ab April 2022 besteht dennoch. Die Verlängerung der Regelstudienzeit im WS 2021/2022 kann jedoch nur mit dem Weiterförderungsantrag berücksichtigt werden. Dieser ist rechtzeitig, d.h. spätestens ab dem Monat, für den Ausbildungsförderung begehrt wird, im Amt für Ausbildungsförderung einzureichen.

Fallbeispiel 2: Studium im Wintersemester 2020/2021 aufgenommen

In diesem Fall wird die Regelstudienzeit um maximal 3 Fachsemester verlängert. Hierzu wie folgt:

  • a) Was muss ich tun, um drei Semester länger Förderung zu erhalten?

    Die Verlängerung der Förderungshöchstdauer um 3 Semester wird frühestens zum Beginn des 5. Fachsemesters bzw. zum Ende der ursprünglich bestehenden Regelstudienzeit relevant und wird vom Amt für Ausbildungsförderung von Amts wegen berücksichtigt. Vor Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums ist ein Antrag auf Weiterförderung zu stellen.

  • b) Leistungsnachweis, § 48 Abs. 1 BAföG

    Der Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von 4 Fachsemestern muss erst zum Beginn des 8. Fachsemesters (also zum Sommersemester 2024), folglich 4 Semester später als sonst, vorgelegt werden.

  • c) Masterstudium ohne Bachelorabschluss

    Erfolgte eine Zulassung in den Masterstudiengang, obwohl z.B. die Bewertung der Bachelorarbeit noch aussteht, wird die Regelstudienzeit von Amts wegen um 3 Semester verlängert, sofern es bei der Immatrikulation im Master verbleibt.

Fallbeispiel 3: Studium im Wintersemester 2021/2022 aufgenommen

In diesem Fall wird die Regelstudienzeit um 1 Fachsemester verlängert. Hierzu wie folgt:

  • a) Was muss ich tun, um ein Semester länger Förderung zu erhalten?

    Die Verlängerung der Förderungshöchstdauer um 1 Semester wird frühestens zum Beginn des 5. Fachsemesters bzw. zum Ende der ursprünglich bestehenden Regelstudienzeit relevant und wird vom Amt für Ausbildungsförderung von Amts wegen berücksichtigt. Vor Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums ist ein Antrag auf Weiterförderung zu stellen.

  • b) Leistungsnachweis, § 48 Abs. 1 BAföG

    Der Leistungsnachweis mit den üblichen Leistungen von 4 Fachsemestern muss erst zum Beginn des 6. Fachsemesters (also zum Sommersemester 2024), folglich 1 Semester später als sonst, vorgelegt werden.

  • c) Masterstudium ohne Bachelorabschluss

    Erfolgte eine Zulassung in den Masterstudiengang, obwohl z.B. die Bewertung der Bachelorarbeit noch aussteht, wird die Regelstudienzeit von Amts wegen um 1 Semester verlängert, sofern es bei der Immatrikulation im Master verbleibt.