"Wenn man wollte, konnte man gestalten. Da waren alle Türen offen.“


Als Kai Hörig Anfang der 90er Jahre in den Verwaltungsrat des Studentenwerks kam, war die Digitalisierung gerade erst am Beginnen. „Das Internet und alles andere, das heute selbstverständlich ist, war quasi noch nicht vorhanden.“ In den Verwaltungsrat hat Hörig eigentlich gar nicht gewollt. Doch stellte sich der Zufall als spannende, anhaltende Erfahrung heraus und Hörig wurde von der damaligen „Aufbruchstimmung“ mitgerissen, „die auch in allen Gremien zu spüren war“, wie er sagt.
Als Mathematikstudent saß er im Plenum des StudentInnenRates der Universität. „Da fand die die Wahl für die Vertreterversammlung statt. Dort wurde vergessen zu fragen, ob sich noch jemand aufstellen lassen will, weshalb ich fragte, ob man die Frage nicht wenigstens noch nachholen könnte“, erinnert sich Hörig. „Das wurde getan, logischerweise wollte ich dann und wurde auch gewählt.“
Partnerschaft zwischen Studentenwerk und Studierendenvertretung

Er hat sich dann weiter in den Verwaltungsrat wählen lassen, wo er fünf Jahre tätig war. Und diese prägten ihn. „Das war ja eine echte Errungenschaft im Osten, dass wir von Anfang an eine Parität der Studierenden in den Gremien hatten.“ Das sei in den meisten anderen westdeutschen Bundesländern bis heute nicht der Fall, so Hörig. Übrigens unterschied sich dadurch das Leipziger Studentenwerk schon vor hundert Jahren von vielen anderen Studentenwerken. Mit Gründung wurde eine studentische Parität bei der Mitsprache festgeschrieben – eine Seltenheit unter den Studentenwerken, wo Professoren dominierten.
„Ich sehe es als Riesenchance an, den Studierenden, quasi den Kunden, als Partner und Entscheider mit dabei zu haben bei der Weiterentwicklung der Studentenwerke. Das ist neben idealistischem auch ein wirtschaftliches Pfund. Wir waren lösungsorientiert, nicht so stark politisiert – was ja auch im StuRa-Rätemodell angelegt ist. „Mit Beteiligung erreicht man mehr. Aus meiner studentischen Perspektive hat sich diese Partnerschaft aus Studentenwerk und StuRa bewehrt. Das Tolle an dieser Zeit: Wenn man wollte, konnte man gestalten. Da waren alle Türen offen.“
Mobilität für alle
In seiner Zeit wurde damals das erste Semesterticket verhandelt und auf seinen Vorschlag ein Sockelbeitrag eingeführt. „Das war ein Novum bundesweit, dass wir auch einen Mobilitätsfonds vorsahen. Da ging es darum, Mobilität breiter zu fördern als nur im ÖPNV. Unser Leipziger Modell, so wurde es dann bundesweit genannt, finanzierte auch eine Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt, hunderte von Fahrradständern und förderte das Carsharing.
Das Studentenwerk geht online
Als er aus dem Verwaltungsrat ausschied, arbeitete Hörig als studentische Hilfskraft an verschiedenen Stellen und entwickelte die erste Webseite des Studentenwerks. Er hat ebenfalls die erste Facility-Management-Software und die erste Software zur Jobvermittlung programmiert. „Das würde man heute nicht mehr machen, Studierenden solche Projekte in Eigenverantwortung zu übertragen.“ „Gestalten für eine gute und wichtige Sache“, nennt Hörig als Antriebsgrund, warum er weiter im Studentenwerk arbeitete und dort Karriere machte.
Gründung des STUK
Dann erinnert sich Hörig noch an etwas, was viele nicht mehr wissen. Er war auch an der Gründung des Studentenclubs STUK 1997 beteiligt, der eine Zusammenlegung kleinerer Clubs bedeute. Das Studentenwerk stellte Räume zur Verfügung und finanzierte mit. „Dessen Schirmherr ist nach wie vor Wolfgang Tiefensee, der später Leipzigs Oberbürgermeister war und heute Thüringer Wirtschaftsminister ist.“

Kai Hörig hat in Leipzig Diplom-Mathematik studiert. Von 1994 bis 2000 wirkte er im Verwaltungsrat des Studentenwerkes Leipzig mit und war von 1996 bis 1999 im Vorstand des Deutschen Studentenwerks (DSW) tätig. Später arbeitete Hörig im Studentenwerk auch als studentische Hilfskraft. Von 2004 bis 2015 war er Abteilungsleiter Studentisches Wohnen beim Studentenwerk Leipzig. Seit 2015 ist Kai Hörig Geschäftsführer des Studierendenwerks Rostock-Wismar.
Interview: Tobias Prüwer
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Der Verwaltungsrat des Studentenwerkes Leipzig
Die Geschäftsführung und der Verwaltungsrat sind die beschlussfassenden Organe des Studentenwerkes Leipzig. Wesentliche Beschlüsse werden gemäß Sächsischem Hochschulfreiheitsgesetz vom Verwaltungsrat des Studentenwerkes Leipzig getroffen, der sich paritätisch aus studentischen und nicht-studentischen Vertreter:innen zusammensetzt. Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind ehrenamtlich tätig.
Für bestimmte Bereiche wie Kultur, Soziales und das Semesterticket setzt das Gremium Ausschüsse ein.