
Kurt Mothes

Was wäre die erste Leipziger Mensa ohne Kurt Mothes? Hauptsächlich seinem Engagement ist es zu verdanken, dass viele Leipziger Studierende in den Anfangsjahren des Wirtschaftsselbsthilfevereins ein warmes Mittag- oder Abendessen in der Mensa academica erhielten.
Kurt Mothes, geboren am 3. November 1900 in Plauen, hatte sich – nach seinem Notabitur und einer Apothekerlehre in der Heimat – im April 1921 gerade erst selbst für sein Chemie- und Pharmazie-Studium an der Universität Leipzig immatrikuliert, als er sich schon in der studentischen Fürsorge engagierte. Er baute maßgeblich die so genannte Helferschaft in der ersten Leipziger Mensa auf und wurde deren Vorsitzender.
Die Helferschaft bestand aus ehrenamtlich arbeitenden Leipziger Studierenden, die den Mensabetrieb organisierten, also bei der Essenausgabe halfen, die Mensagäste am Tisch bedienten und das Geschirr abräumten. Im Laufe der Jahre wuchs die Helferschaft auf rund 100 ehrenamtlich arbeitende Studierende an. Die Mensa war zu allen Zeiten auf Unterstützung durch Spenden angewiesen, um den Studierenden das Essen günstig anbieten zu können. Während der Wert des Geldes sank, stiegen dennoch die Lebensmittelpreise weiter und wurden täglich teurer. Die zusätzlich ausbleibenden Spenden veranlassten Mothes, selbst tätig zu werden: Mit der Helferschaft organisierte er Fahrten aufs Land rund um Leipzig und trieb in der nordsächsischen Landwirtschaft Lebensmittelspenden in Form von Fleisch, Speck, Butter oder Kartoffeln für die Mensa ein. Mothes‘ spätere Frau Hilda erinnerte sich:
„…ich (habe) bereits davon berichtet, wie Kurt Mothes, der damals an seiner Doktorarbeit am Leipziger Botanischen Institut arbeitete und seine Pflanzen selbst versorgen mußte, jeden Vormittag mit den Butter- und Speckschätzen nach Leipzig fuhr, dort von den Helfern erwartet wurde, um die Schätze in die Mensa zu bringen, in sein Institut eilte, um seine Pflanzen zu versorgen, am Bahnhof von den Helfern mit der leeren Gefäßen empfangen wurde (…).“
Für die Spenden bedankte sich die Helferschaft bei den Bauern mit einem Kulturprogramm aus Theaterstücken, Hans-Sachs-Schwänken, Weihnachtsaufführungen oder Gesang. Man organisierte Kinderfeste auf den Dörfern oder hielt Vorträge für junge Bauern zu diversen Themen – und gab so das an der Universität erworbene Wissen für einen guten Zweck weiter.
1923 hatte Kurt Mothes sein Studium in Leipzig beendet und ging 1925 – inzwischen promoviert – ans Botanische Institut der Universität Halle. Ab 1935 lehrte er an der Universität Königsberg. Von 1954 bis 1974 war Kurt Mothes der Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, deren Mitglied er seit 1940 war.
Während seiner Leipziger Studienzeit kam Kurt Mothes mit seiner Frau Hilda zusammen, die er 1929 heiratete. Beide unternahmen später ausgedehnte Reisen nach Rumänien, Polen und in die Ukraine, auf denen Mothes seine Eindrücke ausgezeichnet fotografisch festhielt. Eine digitale Ausstellung zeigt seine Bilder: https://mothes.plauen.de/.
Der Helferschaft blieb das Paar lange verbunden. Die tägliche gemeinsame Arbeit ließ Freundschaften entstehen und brachte auch viele Studierende einander näher. Nicht nur Kurt und Hilda Mothes fanden in der ehrenamtlichen Helferschaft zueinander, auch andere fanden dort ihre Liebe. Der Bund der Helferschaft dauerte noch weit über die Studienzeit hinaus, einige der ehemaligen Mensa-Helfer kamen noch viele Jahre später auf gemeinsamen Treffen zusammen.
Bildergalerie:
Fotos: Leopoldina-Archiv, N 31/023-01-01, s. 35-39, 57